Archiv der Kategorie: Zweikampf

vor tore schluss

um eine bemerkenswerte fußballwoche abzuschließen…

# der bvb wird schon in der kommenden saison eine macht sein. sie haben in dieser konstellation immenses offensivpotenzial, auch ohne auba. es gibt zunehmend beeindruckende phasen im spiel. phasen mit einer bemerkenswerten wucht, die man auch in monaco sehen konnte. tuchel hat viele facetten des guardiola-fußballs mit der fast schon brachialen direktheit von real unter mou kombinieren können. sie bringen es momentan noch nicht über längere phasen auf den platz, das war unter klopp aber 2009 auch so. spätestens im übernächsten jahr sind sie wieder eine macht in europa. darauf würde ich sogar wetten.

# leverkusen und wolfsburg müssen sich konzeptionell hinterfragen und insbesondere personell konsequent für professionalität und konstanz sorgen. nehmt euch ein beispiel an 1) freiburg, 2) hoffenheim, 3) leipzig (zwingend in dieser reihenfolge). es ist absolut unerklärlich, wie man diese wirtschaftlich und überhaupt infrastrukturell überdurchschnittlichen potenziale derart verballern kann. auf der suche nach parallelen zwischen leverkusen und wolfsburg fällt auf, dass die entscheider allesamt übersichtliche fußballkompetenz aufweisen, wenn wir mal von tante käthe absehen; bei ihm stellt sich nach seinem unliebsamen as roma-intermezzo und der anschließend eher demütigen rückkehr allerdings die frage, wie viel macht er überhaupt hat. der rest mag fußball vielleicht lieben, fehlende konzeption und kontinuität sprechen aber nicht für sachverstand. sportlicher misserfolg indiziert immer fehlleistungen, auf dem feld oder anderswo im verein. das mag banal klingen, sehr regelmäßig werden aber lediglich die sportlich verantwortlichen zur rechenschaft gezogen und eben nicht die hintermänner.

# schalke ist schalke. man möchte darüber weinen, wäre es nicht so unterhaltsam. das wird in absehbarer zeit nix mit diesem verein und einem signifikanten erfolg. schalke wurde erfunden für die großen tragischen rollen, nicht für erfolg.
ich habe einige freunde mit fanatischer beziehung zu diesem club der leidenschaftlichen fußballregion. es ist fasziniert zu beobachten, wie sie sich saison für saison immer wieder auf diesen trostlosen kreislauf schalker einöde einlassen: man startet mit großen ambitionen auf vereinsseite und hohen erwartungen beim auditorium, es folgen erste rückschläge und meist sehr schnell ganze serien an rückschlägen, was bei den fans zu einer art gleichmütiger melancholie führt, die man sonst nur von portugiesisichem fado kennt. mit jedem der vereinzelten erfolgserlebnisse aber füllt sich schlagartig der erwartungsakku des gemeinen königsblauen fanatic: vielleicht wird das doch noch mal was mit der meisterschaft, dem pokal oder wenigstens dem krombacher-cup an der algarve… irgendwie gelange ich für mich aber immer wieder an die eingangs bereits formulierte erkenntnis: schalke ist zu anderen aufgaben berufen.

# bayern braucht zusätzlich zu den beiden (durchschnittlichen) hoffenheimer neuzugängen dringend hochkarätige verstärkungen: ein spielstarker achter, ein rechter verteidiger, ein rechtsaußen, ein linksaußen, ein linksaußen-backup, ein stürmer. zu bekommen sind james, isco, alexis sanchez, verrati, lucas und wohl auch keita. und dieses niveau muss es dann auch mindestens sein, um eine korrelation zwischen eigenem anspruch und dem tatsächlichen potenzial beizubehalten. es ist eine der spannendsten fragen der kommenden tage und wochen, wie viel die verantwortlichen tatsächlich aus den spielen gegen real und der aktuellen champions league-saison gelernt haben. scheiden sie gegen borussia dortmund im pokalhalbfinale aus werden die ausgaben wohl höher sein.

# köln und frankfurt stehen für großartige leistungen, die zu wenig gewürdigt wurden. möglicherweise, weil die rückrunde aufgrund der außergewöhnlichen hinrunde schlechter erscheint, als sie war: einigermaßen normal. aber normal ist halt langweilig. und kovac als auch stöger zeigen, was mit durchschnittlichen budgets möglich ist. insbesondere bei der eintracht gab es in der rückrunde etliche spiele, die durch den faktor pech verloren gingen. und nein, es ist nicht immer eine frage der klasse, ob trotz einer pechsträhne spiele gewonnen werden; manchmal bleibt dieser umstand das spielentscheidende kriterium.

# es braucht zwingend professionelle refs, und zwar konsequent europaweit. die zahl der spielentscheidenden fehler nimmt zu, aber auch viele vermeintlich unwichtige pfiffe gehen häufiger weit daneben. und dieser sport ist insbesondere in der konstellation mit milliarden euro an tv-geldern zwingend auf technische unterstützung angewiesen. es ist bitter, wenn spiele zwischen real und bayern auf europäischer ebene oder auch entscheidende kämpfe um den klassenerhalt ein in aller regel sehr selbstsicherer schiri durch fehlleistungen entscheidet. die technik steht zur verfügung, sie hat sich in anderen sportarten längst bewährt (tennis, eishockey), sie kostet nur wenig zeit und lässt sich gut reglementieren, warum fahren wir also immer noch mit pferdekutschen durch die gegend?

# noch unter dem eindruck des clasico: was ein epischer sport. wie das leben! der spanische fußball bietet seit etwa zehn jahren die höchste qualität in der spitze und in der breite, die besten innovationen und die bringt die meisten topspieler hervor. die ungekrönten meister des scouting aber sind portugiesische clubs; die liste der etablierten kickermenschen, die einst in portugal erstmals europäischen fußball spielen durften, ist von respekt einflößender länge. für sehr gelungen halte ich die tv-inszenierungen von ‚dazn‘: die kommentierungen mit mindestens zwei personen sind auf hohem niveau, die aufarbeitung ebenso, vor allem aber bekommt der nutzer ein extrem vielfältiges angebot für die zehn euronen monatsgebühr. muss man ja auch mal sagen dürfen.

# und sonst so? derbystar stellt bald den offiziellen bundesligaspielball. wer hätte das gedacht? früher hatten immer die jungs einen neuen derbystar, die einen bio und chemie und physik und erst recht mathe nicht abschreiben ließen. nicht. klischeekacke alles. glückwunsch, derbystar. toll!

Der Aufschrei

wenige minuten nach meinem posting ging ein aufschrei durch meinen freundes- und nichtfreundeskreis. okay, ich muss mich erklären:

portugal 2014 hatte eineinhalb waffen: kombinationsfußball und christiano ronaldo. weil beides unberechenbar war, der kombinationsfußball in seiner diven- bzw. lauenhaftigkeit zudem nicht auf höchstem niveau stattfand, war klar, dass portugal niemals den ganz großen wurf würde landen können.
mit dem wechsel zu fernando santos, der als ehemaliger griechischer nationaltrainer in einer großen defensivtradition steht, war die erste amtshandlung sehr offensichtlich, das defensivverhalten des gesamten teams neu zu ordnen. warum? weil die defensive tatsächlich meisterschaften gewinnt.
portugal 2016 spielt aus dieser defensive heraus nur noch sehr viel weniger gezielt nach vorne. wenn sie aber das tempo anziehen, ist das beeindruckend. das war gegen starke kroaten zu sehen und gestern zwischen der 30. und 60. minute auch. verteilt wird diese selektive offensive längst auch auf anderen schultern, schultern von jüngeren, sehr hungrigen spielern wie raphael guerreiro (glückwunsch bvb), william carvalho, cedric soares oder renato sanches.
und ja, es ist richtig: viele em-spiele waren spektakulärer, torreicher. da waren allerdings auch mannschaften beteiligt, deren akteure sich mittlerweile an irgendeinem schicken strand caipis reintun.
fernando santos ist ein überragender coach, weil mit seiner mannschaft sozusagen eine swot-analyse gemacht- und die richtigen schlüsse gezogen hat. auch gestern hat er die stärkste waffe der polen, die rechte seite, mit einer umstellung (der lauffaule und defensiv nicht existente ronaldo auf die 9, renato sanches nach links) in der halbzeit quasi neutralisiert: polen hatte nur noch ein, zwei situationen, die über links, den immer müder werdenden grosicki initiiert wurden. auch hier hat offensichtlich wieder ein abwägen stattgefunden: kann man auf sanches, der das spiel bis dahin getragen hatte, in der mitte verzichten? ungern, aber eindeutig ja, weil ich damit die gefahr eines weiteren gegentores maximal reduziere. das ist clever. simply clever.
spektakel gibt es möglicherweise anderso, erfolg trägt momentan die farben rot-grün.

Special: Ein Kontinent spielt Fußball_16.06.2016

höwedes kann die hymne laut singen, steht defensiv ganz okay und ansonsten ist die position quasi kampflos hergeschenkt. und im vergleich zu seinem linken pendant verkörpert höwedes spitzenklasse. philipp, wo bist du?

und sonst noch so?
drei spiele gab es in den vergangenen 18 monaten, zwei mal wurde polen klar beherrscht, spielerisch, taktisch, selbst der polnische heimsieg in warschau war (streng genommen) reines glück. gestern hingegen war das remis für die polen sehr verdient, man hatte gar besseren chancen.
warum aber war das so? ich bin überzeugt, dass sich seit juli 2014 die negative seite ultimativen erfolgs zeigt: selbstgefälligkeit trifft nicht ausreichende motivation trifft fehlende leistungsbereitschaft. die folge: latent schlechte form. ein weltmeister sollte in zwei jahren nicht die hälfte seiner spiele verlieren… ach was: er darf einfach nicht die hälfte seiner spiele verlieren.
die permanente schönrederei und falschanalyse der begleitenden kollegen ist anstrengend, ihre überraschung nach der gestrigen boateng-analyse bezeichnend. was nicht sein kann (sehr schlechtes deutsches spiel), das nicht sein darf (deutscher misserfolg) mag ein schicker „quick&dirty“-ansatz sein, offenbart wird dabei allerdings die gesammelte hilflosigkeit in der analytischen berichterstattung.
das wird eher nichts mit dem titel oder wie war das nochmal mit den wundern?